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Si claro, Fiore!

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Beitrag von Mrlittegreen/Fiore Mi Jun 29, 2016 3:01 pm

Das Licht flackerte und tauchte den Raum in ein sekundenlanges Stakkato aus Hell und Dunkel. Die Lichtblitze flackerten über über die alte Matratze, aus der sich seitlich eine der Federn gebohrt hatte und über die Comic- und das eine Modeheftchen, die ringsum zwischen alten Coladosen verteilt, lagen. Der rehbraune Blick klappte unter den ins Gesicht quellenden Strähnen nach oben ab und blinzelte in Dunkelheit. „Fuck“, murmelte die Gestalt und raschelte im lichtlosen Schwarz herum. Von unten waren gedämpfte Geräusche zu hören. Johnny und Tyroon mussten die Console angeschlossen haben, um Ekoseracer XIV zu zocken. Der uralte und umgebaute Schiffsgenerator, der hinter dem Haus stand, hatte schon seit Tagen ein niedriges Energielevel angezeigt und die Windflaute der letzten Tage hatte die Situation nicht verbessert.
Sie schnaufte genervt, ehe sich der gesuchte Gegenstand in den Händen befand. Ein unangenehm greller Lichtpegel einer leistungsstarken Taschenlampe fraß sich durch die Dunkelheit und enthüllte mit seinem Pegel die nahe Umgebung des Nachtlagers. Die hohen Lederstiefel standen ordentlich am Fußende der Matratze, daneben knüllte sich die Bikerhose, Socken, ein BH und ein Shirt als wilder, unsortierter Haufen, der ein Zeugnis über das vorherige Abstreifen ablegte und das Fehlen einer gewissen Grundordnung. Ohnehin schien Haufenbildung das vorherrschende Ordnungsprinzip zu sein, das durch den Lichtpegel enthüllt wurde. Neben Kleiderhaufen fanden sich überall hier oben auf der Schlafplattform Comics, Pappschachteln aus dem Diner und einzelne Ersatzteile, teils noch eingeschweißt, für Hoverboards.
Der Lichtpegel tanzte wild über die unverputzten Steinwände, riss Postereindrücke von Helden, nackter Haut, Klingen, Gefahren und Abenteuern mit sich, tauchte glitzernd ein Mobile in funkelnde Szenerie und verharrte dann, als die Gestalt sich aus der liegenden Position in eine sitzende gebracht hatte. Der Lichtschein pendelte über eine schlanke Wade, die von irgendeiner Creme, die ihr von einer, in diesen Dingen unsäglich beharrlichen wie süßen Nervensäge aufgeschwatzt worden war, glatt glänzte. Dort, wo der Unterschenkel in die Verse überging, befand sich ein kleines Pflaster, das stellenweise rötlich verfärbt war, obgleich das Rot inzwischen einen bräunlichen Ton angenommen hatte. Vorsichtig zupfte sie das Pflaster ab, darunter eine kleine Kruste. Haarlos, immerhin, schoss es durch die Gedankenwelt. Dreck ey, diese Stelle, an die sie nie so richtig ran kam, und wo die Rasierklinge gut Haut gehobelt hatte. Egal.
Der Lichtpegel schob sich weiter über den Boden, als sich die nackten Füße auf das Holz stellten und sich die Gestalt in den Stand schraubte. Zielsicher, als befänden sich selbige schon länger dort, setzten sich die Füße zwischen die Kleider- und Comicgebilde und führten die Besitzerin zu einem kleinen Karton, der an der Wand stand. Aufgeklappt enthüllte die Taschenlampe eine Batterie von Kerzen und Sumsingwachsgeruch quoll in den Raum. Zwei Kerzen, die bereits einmal gebrannt hatten, brach sie heraus und kurze Zeit später hatte das viel angenehmere und leicht unstete Kerzenlicht den neongrellen Taschenlampenpegel verdrängt.
Mit spitzen Fingern blätterte sie knarzend die Seite um. Der gelbe Kerzenschein tanzte über nun noch vergilbter wirkendes, bald schon pergamentartiges Papier. Eine Hand knautschte das schmale Gesicht und verzog es dadurch, dass der Kopf auf der Hand abgestützt lag. Die Iriden maßen eine Kohlezeichnung uralter Eldanfunde und eine dazugehörige, inzwischen vollkommen überholte Theorie des Ursprungs des eldanischen Reiches. Sie blätterte weiter, wie sie es schon vor vielen, vielen Jahren gemacht hatte, als sie die Haare noch jungenhaft kurzgeschoren getragen hatte, noch keine Ohrringe besaß und an das Beinerasieren und die dazugehörigen Gefahren nicht einen Gedanken verschwendet hatte, weil es noch so fern war. Fern auch diese Vergangenheit, als sie das Buch vom damaligen Lover der Mutter geschenkt bekommen hatte. Wie hieß er gleich? Hank, oder so? Cooler Typ, Marke Weltraumcowboy, mit verdächtiger Tolle auf dem Schädel. Ob das auch auf die Rakete abgefärbt hatte damals? Das Buch hatte er nach dem Andocken auf einer Raumstation irgendwo im mitwärtigen Rand zurück auf die Maschinendecks gebracht und die kaum 10 Jahre alte Fiore war fasziniert.
Die nächste Seite enthüllte die Rekonstruktionszeichnung des Planeten Nexus oder um genauer zu sein, Nexus, wie man es sich vor vielleicht 100 Jahren vorgestellt hatte, denn so alt war das Werk, das sie ihr eigen nannte. Die Fingerkuppe strich über das Abbild einer goldenen Stadt, über Säulen, künstliche Wasserfälle, schwebende Gärten, gläserne Brücken. Glanz, Glorie, Glück, Gigantomanie sprachen aus dem Bild. Das hatte sie entdecken wollen. Wollte teilhaben, an der Erforschung einer Zeit, die besser war. Wollte wissen, wie das Volk das Universum geschaffen hatte. Sie wollte Götter sehen, zumindest ihre Spuren.
Sie schlug das Buch zu, schob es beiseite und rollte sich auf den Rücken. Der Blick verlor sich in der Dunkelheit der Decke; und er würde noch höher bohren, wäre nicht das baufällige Gemäuer dazwischen. Nexus. Der Planet, der alles besser machen sollte. Freiheit, Glück, Glanz Glorie. Wildes Nexus. Überwuchert, geheimnisvoll, spannend. Wildes Nexus. Gefährlich, verschlungen, verdorben. Dreckiges Nexus, Gassen, Drogen, Armut. Wie aufgeregt sie war, als sie mit den anderen Archäologen von Thayd aus nach Weißtal gefahren sind und im tödlichen Eis die alten Ruinen entdeckt hatte. Wie neugierig sie gewesen war, als sie die Kammer sprengten und sich Zugang in den Komplex verschafften, den die Erbauer erbaut hatten. Wie panisch sie gewesen war, als die Maschinen erwachten. Laser, Spritzen, Plasma, Feuer, Klingen.
Ein sonores Brummen erklang und das grelle Licht der Oberlampe flutete den Raum. Nachdem sie den schützenden Arm blinzelnd von den Augen nahm und den Kopf nach rechts drehte, fiel der Blick auf die gegenüberliegende Wand. Eine alte Klinge, Karten, Grabungszeichnungen, Pergamente, Holodiscs, einige Münzen, zwei Torinketten zierten den Schreibtisch und die Wände. Über dem Stuhl hing die Dineruniform und die rosa Haarschleife. Nexus. „Fuck“, warf sie den nächstbesten Gegenstand, das alte Buch, gegen den Lichtschalter. Wohlige Dunkelheit.

Mrlittegreen/Fiore

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